Theorie Verhaltenstraining
Um neue Verhaltensweisen mit einem Tier zu trainieren, hilft es die theoretischen Grundlagen zur Lerntheorie zumindest soweit verstanden zu haben, dass man sie grob anwenden kann, um die häufigsten Fehlern vermeiden zu können. Wer sich tiefer gehend mit der Materie auseinander setzen möchte, findet in Bibliotheken ganze Schränke voll geeigneter Literatur. Hier kratzen wir nur an der Oberfläche des Eisbergs.
VERSTÄRKUNG VS. BESTRAFUNG
Wenn es um die persönliche Einschätzung zu einer Meinung, einem Gegenstand oder einem Verhalten geht, gibt es prinzipiell nur zwei Möglichkeiten. Wir finden es gut
oder schlecht. In den aller seltensten Fällen haben wir keine wirkliche Meinung. Oft haben wir eine, halten damit aber hinter dem Berg, weil wir konfliktscheu sind oder den Gegenüber nicht
verletzten möchten. Äußern wir unsere Meinung, so wird dies eine Reaktion in unserem Gegenüber auslösen. Er wird sich freuen oder sich ärgern. Auch hier gibt es streng genommen wieder die
dritte Möglichkeit, das ihm unsere Meinung egal ist, aber real betrachtet, hat man eine Empfindung zu allem was einem gesagt wird. Hört man etwas Angenehmes fühlt man sich in seiner Meinung oder
seinem Tun bestätigt, hört man etwas Unangenehmes, so hängt es ein wenig davon aber ob es ein Freund oder Feind angebracht hat, aber man rekapituliert doch intensiver und hinterfragt sein Tun
eher als bei der Bestätigung. Habe ich beispielsweise einen 5 seitigen Bericht verfasst, in dem ich knackig und prägnant alle wichtigen Informationen mit selbst erklärenden Graphiken und
übersichtlichen Tabellen dargestellt habe, bin ich erst einmal stolz auf mein Werk. Lege ich den Bericht dann meinem Chef vor und er lobt meine Arbeit, fühle ich mich in meiner Arbeitsweise
bestärkt (synonym: verstärkt) und werde meinen nächsten Bericht in ähnlicher Weise ausführen. Kritisiert mein Chef meine Arbeit aber als zu kurz und oberflächlich (weil er vielleicht ein
Vertreter der Gattung "Quantität über Qualität" ist), dann fühle ich mich verärgert, meine Arbeit nicht wertgeschätzt und gehe mit dem Gefühl bestraft worden zu sein aus seinem Büro. Mein
nächster Bericht wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht wieder so angefertigt sein, wie mein letzter, ich werde diesen "Fehler" (aus dem Blickwinkel meines Chefs betrachtet) nicht
wiederholen.
So einfach sind die Grundprinzipien des Lernens. Ich fühle mich verstärkt in meinen Aktivitäten und wiederhole das Verhalten, weil es sich für mich gelohnt hat. Oder ich fühle mich bestraft in meinem Tun und werde das ausgeführte Verhalten nicht wiederholen, weil es sich für mich nicht ausgezahlt hat.
Gefühlslagen
Zur Verfeinerung dieser Grundprinzipien haben sich Verhaltensforscher noch zwei mathematischer Operatoren bedient: Plus (+/ positiv) und Minus (-/negativ). So einfach wie wir sie aus der Schule kennen, sind sie auch bei der Lerntheorie zu verwenden. Bei Plus kommt etwas dazu, bei Minus wird etwas weggenommen. Betrachten wir anhand von Beispielen, wie die so zustande kommenden vier Möglichkeiten auf ein Individuum wirken.
Bleiben wir für die Betrachtung der 4 Varianten an einem imaginären Arbeitsplatz eines beliebigen Berufstätigen. Wir stellen uns vor dieser Mensch arbeitet in einer Umgebung, in der es zu viel Arbeit für die vorhandene Mannschaft gibt. Die Strukturen und Zuständigkeiten sind nur oberflächlich geregelt und die Organisation der Arbeitsabläufe ist so gut wie gar nicht durchdacht. Einfacher ausgedrückt, vor lauter Chaos und Zeitdruck macht jeder auf Zuruf gerade die Arbeit, die anfällt ohne dass auf Kompetenz Rücksicht genommen werden kann bzw. eine Arbeitsvorbereitung möglich wäre.
A) positive Verstärkung:
Wenn in diesem Arbeitsumfeld ein Berufstätiger eine bestimmte Aufgabe nun so ausführt, dass er dafür Lob und Anerkennung erntet, ein Kollege ihm auf die Schulter klopft und meint „Das sieht wirklich gut aus. Das bekommen nur wenige so gut hin!“, dann fühlt sich dieser Mensch bestärkt und empfindet Freude, vielleicht sogar Stolz. Er wird versuchen beim nächsten Mal, wenn diese Aufgabe an ihn fällt die Tätigkeit wieder so auszuführen, wie er es das letzte Mal gemacht hat oder vielleicht sogar noch besser, weil er motiviert ist wieder ein Lob zu bekommen. D.h.:
Positive (es ist Lob hinzugekommen) Verstärkung (er wird wiederholen, was er getan hat) erzeugt Freude (und motiviert zum Weiterarbeiten).
B) negative Verstärkung:
Wenn in diesem Arbeitsumfeld ein Berufstätiger eine bestimmte Aufgabe erfolgreich ausführt, ohne dass er einen verhassten Teilschritt machen muss, der ihn z.B. viel Zeit und Anstrengung kostet, dann fühlt sich dieser Mensch bestärkt und empfindet Erleichterung, um den ungeliebten Schritt herum gekommen zu sein. Er wird versuchen beim nächsten Mal, wenn diese Aufgabe an ihn fällt, die Tätigkeit wieder selbst angenehmer zu gestalten und den ungeliebten Teilschritt zu umgehen. D.h.:
Negative (der Zeitaufwand und die Anstrengung ist weggefallen) Verstärkung (er wird wiederholen, was er getan hat) erzeugt Erleichterung (und mindert die Demotivation für das nächste Mal).
C) positive Bestrafung:
Wenn in diesem Arbeitsumfeld ein Berufstätiger eine bestimmte Aufgabe nun so ausführt, dass er dafür Kritik erntet und die Arbeit noch einmal korrigierend ausbessern muss und ein Kollege ihm kopfschüttelnd gesteht „Das hätte unser Azubi im ersten Lehrjahr ohne vorherige Einweisung ja besser hinbekommen!“, dann fühlt sich dieser Mensch bestraft und empfindet Verunsicherung, vielleicht sogar Angst. Er wird versuchen beim nächsten Mal, wenn diese Aufgabe an ihn fällt die Tätigkeit auf keinen Fall wieder so zu machen, wie er es das letzte Mal gemacht hat, weil er auf keinen Fall wieder Kritik ernten möchte. D.h.:
Positive (es ist Kritik und Mehrarbeit hinzugekommen) Bestrafung (er fühlt sich unwohl) erzeugt Angst (und verunsichert, weil man keine zuverlässig-getestete Alternative hat).
D) negative Strafe:
Wenn ein Berufstätiger für die Ausführung einer Tätigkeit ein bestimmtes Hilfsmittel benötigt, von dem er bislang eine gut funktionierende, moderne Ausführung zur Verfügung hatte, die ihm nun aufgrund seiner mangelnden Leistung gegen ein überholtes und defekt-anfälliges Hilfsmittel ausgetauscht wird (weil z.B. die gut funktionierende Variante bei einem anderen Mitarbeiter besser ausgenutzt wird), empfindet dieser Mensch Frustration und ggf. Geringschätzung. D.h.:
Negative (das gut funktionierende Hilfsmittel wurde entfernt) Bestrafung (er fühlt sich unwohl) erzeugt
Frustration (die unter Umständen in Wut und Aggression umschlagen kann).
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